Vam Atlantik zum Pazifik
Zwei STOMA-Träger unterwegs in den USA
In ihrem Beitrag berichten Hans-Rainer Offenhuber und Alfred Helpferer über ihre erlebnisreiche Amerika-Reise. Beide sind in der Stoma-Selbsthilfegruppe Salzburg aktiv und leben seit mehreren Jahren mit einem Stoma, Hans-Rainer mit einem Colostoma und Alfred mit einem Urostoma.
Hans-Rainer Offenhuber: Im Sommer 2016 habe ich bei einem Gewinnspiel einen Flug nach Las Vegas gewonnen. Langstreckenflüge mit Stoma geht das? ,,Natürlich“ war meine feste Überzeugung. Wegen einer schweren Erkrankung meiner Gattin, einer Bruch-OP bei mir, Corona usw. hat sich die Einlösung meines Gewinnes verzögert. Als Ende 2022 die Pandemie vorbei war und wieder eine gewisse Normalität eingetreten ist, stand der Reiseplanung „fast“ nichts mehr im Wege. ,,Fast“! Meine Gattin konnte aus gesundheitlichen Gründen nicht fliegen, und allein so eine Reise zu machen fand ich nicht besonders ideal. Mein Gedanke war, in unserer SHG müsste doch jemand sein, den so eine Reise interessieren könnte. Ich fragte Alfred Helpferer, welcher auch im Vorstand ist. Er reagierte momentan überrascht, jedoch nicht ablehnend.
Alfred Helpferer: Der Gedanke, der mir sofort durch den Kopf ging war: ,,Ich habe ja ein Stoma“. Eine Fernreise, obwohl ich ein Stoma habe, geht das? Der Wunsch nach Amerika zu reisen, war immer schon da, jedoch wurde dieser wegen Stoma gestrichen. Ich dachte mir „wenn nicht jetzt, wann dann?, und mit meinem Stoma, das geht“. Hans-Rainer sprach mich nach kurzer Zeit wegen der Amerikareise wieder an. Meine Antwort: ,,Diese Reise nach Amerika mach‘ ich mit!“
Wir haben uns für die vom Reisebüro angebotene Reise„Vom Atlantik zum Pazifik‘: eine kombinierte Flug- und Busreise, entschieden. Bei der Reisevorbereitung stand natürlich die Stomaversorgung an vorderster Stelle. Es wurde alles in zweifacher Ausführung mitgenommen, aufgeteilt auf Koffer, Handgepäck und Umhängetasche. Um auf der sicheren Seite zu sein – sollte ein Gepäckstück am Zielort nicht ankommen -, haben wir uns gegenseitig einen Teil der Versorgung ebenfalls auf die Gepäckstücke aufgeteilt und mitgenommen. Weitere wichtige Utensilien waren der Stomapass mit ärztlicher Bestätigung, der Behindertenpass sowie erforderliche Medikamente. Natürlich haben wir auch für alle Fälle eine Reiseversicherung abgeschlossen.
Gut gelaunt ging es am 12. Mai 2023 mit dem Zug von Salzburg nach München zum Flughafen und dann ab nach New York, wo die Rundreise begann. Unsere Stationen waren neben New York, die Niagarafälle in Kanada, Lewisburg und Washington D.C., die Hauptstadt der USA. Es wurden Ausflüge und Stadtbesichtigungen bei Tag und Nacht gemacht. Eine Schifffahrt direkt zu den Niagarafällen (man kommt bis auf ca. 30 m hin, wo die Wassermassen 52 m in die Tiefe stürzen) sowie am Hudson-River bei Dunkelheit mit Blick auf die beleuchtete Skyline Manhattan durften wir uns nicht entgehen lassen. Natürlich besichtigten wir auch die Sehenswürdigkeiten Empire State Building, Times Square, Rockefeller Center, Gedenkstätte 9/11, usw. In Washington besuchten wir das Weisse Haus, Kapitol, Lincolm Memorial, den Arlington Nationalfriedhof, auf dem sich die Kennedy-Gräber befinden, und noch viele andere Touristen-Highlights.
Mit dem Flugzeug ging es von Washington nach Los Angeles zur Westküste der USA, wo die Busreise fortgesetzt wurde. Ein Los Angeles ohne Besuch von Hollywood und den sehenswerten Strandgemeinden am Pazifik geht gar nicht. Von Los Angeles ging es weiter in die Wüstenstaaten Arizona, Utah und Nevada. Am Programm stand der Besuch des Joshua Tree Nationalparks, des Grand Canyon und des beeindruckenden Brice Canyon, einer Fantasiewelt aus roten Sandsteinformationen. Weiters wurden die Wüstenstädte Jerome, Sedona und Flagstaff an der legendären Route 66 besucht. Die Reise ging weiter nach Las Vegas, die Stadt des „Glitzers und Glamours“ und natürlich die Spielerstadt. Las Vegas kann man nicht beschreiben, sondern muss man gesehen haben. Hotels mit 4.000 bis 5.000 Zimmern sind dort normal. Die Nacht wird zum Tag gemacht und es geht rund um die Uhr durch. San Francisco, die letzte Station unserer Reise, war nochmals geprägt vom Besuch vieler Sehenswürdigkeiten, der Fahrt mit einen offenen Bus über die Golden Gate Bridge, das Pier 39 (wo sich bis zu 1.000 Seelöwen aufhalten), die Cable Cars (die es schon seit dem 1.9.1873 gibt), die Lombard Street (die kurvenreichste Straße der Welt) sowie ein Blick auf die Gefängnisinsel Alcatraz, um nur einige zu erwähnen.
Mit der Stomaversorgung hatten wir während der ganzen Reise keine Probleme, obwohl wir in den Wüstengebieten Temperaturen von 40 Grad hatten, was natürlich zu erheblichem Schwitzen führte. Auch sehr lange Fußmärsche waren problemlos. Ein Sprengstoffabstrich (Dauer ca. 15 Sekunden) unserer Stomabeutel beim Rückflug am Flughafen von San Francisco diente wohl der Sicherheit und zeigte ein negatives Ergebnis. Zu unserer Überraschung trafen wir überall auf sehr saubere Toiletten-Anlagen. Bei unserer 19-tägigen Reise sind wir circa 22.000 km geflogen, ca. 5.000 km mit dem Bus gefahren und rund 200 km zu Fuß gegangen und haben in 11 Hotels genächtigt. Und wir haben die Erfahrung gemacht: Reisen mit Stoma ist kein Problem unter der Voraussetzung, dass man sich gut vorbereitet, genügend Versorgung mitnimmt und die positive Einstellung zur Reise mit im Gepäck ist.
Bericht / Fotos: Hans-Rainer Offenhuber und Alfred Helpferer